Fast 800 Ersthelfer sind bereits im Team „Lebensretter MK“. Darunter auch Sylke Nitschke aus Hemer. Sie und weitere Helfer retten im Dezember 2024 Klaus Neumann das Leben. Das schönste und beste aller Weihnachtsgeschenke. Die Geschichte von Klaus Neumann und seiner Lebensretterin.
Weihnachten kann kommen. Das denkt das Ehepaar Klaus und Elisabeth Neumann aus Hemer Anfang Dezember 2024. Die Vorbereitungen sind nahezu abgeschlossen, der Weihnachtsbaum bereits bestellt, die Vorfreude groß. Nichts deutet kurz vor dem Fest der Liebe auf einen Schicksalsschlag hin. Bis zu jenem unvorhersehbaren Ereignis.
Es ist ein typischer Dezemberabend. Draußen ist es längst dunkel, kalt und diesig. Als Klaus Neumann ins Wohnzimmer geht, wird ihm plötzlich schwarz vor Augen. Ein Blackout. Mehr weiß er nicht. Was in den nachfolgenden Minuten passiert, wird dagegen seine Frau Elisabeth nie vergessen: „Auf halbem Wege zum Sofa fing Klaus an zu torkeln, zu wackeln. Dann lag er plötzlich auf dem Boden.“ Sie habe ihn direkt angesprochen, aber keine Reaktion erhalten.
Weiter geht es wie in einem Film. Elisabeth Neumann wählt die Notrufnummer 112, spricht, wie sie berichtet, mit einem „sehr netten Herrn“ der Kreisleitstelle, bekommt über das Telefon professionelle Anweisungen und beginnt direkt zu „pumpen“, also mit der lebenswichtigen Herzdruckmassage. Kaum hat sie begonnen, klingelt es bereits an ihrer Tür. Sylke Nitschke steht mit weiteren Ersthelfern da und sagt: „Wir helfen.“
Alarmsignal auf dem Handy
Sylke Nitschke wohnt nicht weit weg von den Neumanns, es sind vielleicht etwa 300 Meter. Sie ist zu Hause, als das Alarmsignal auf ihrem Handy ertönt. Das kennt sie gut. Der Notfall mit Einsatzort und Einsatzgrund erscheint gegen 20 Uhr auf ihrem Display. Sie zögert keine Sekunde, klickt auf „Annehmen“ und fährt direkt mit ihrem Sohn, der ebenfalls dem Team der Lebensretter angehört, los. Kurze Zeit später ist sie mit weiteren Ersthelfern vor Ort bei den Neumanns. „Wir sind vor dem Rettungsdienst eingetroffen und haben direkt mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen. Als der Rettungsdienst dazu kam, hat er den Einsatz unter anderem mit professioneller Atemsicherung übernommen. Wir standen unterstützend zur Seite“, erzählt Sylke Nitschke aus ihrer Sicht.
Lebensretterin der ersten Stunde
Sylke Nitschke ist ehrenamtlich in der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) tätig. Sie hat eine Sanitäter-B-Ausbildung. Im Sommer 2023 registriert sie sich in der App „Region der Lebensretter 3.0“ und ist damit eine Lebensretterin der ersten Stunde. „Als die App freigeschaltet war, habe ich keine Sekunde gezögert“, sagt sie. Seitdem hat sie mehr als 100 Einsätze wahrgenommen und begleitet. In der Regel handelt es sich um bewusstlose Personen oder Menschen mit Verdacht auf Herz-Kreislauf-Stillstand – bei diesen Stichworten wird das System ausgelöst. „Wir waren schon oft bei Personen, die unterzuckert sind“, berichtet Nitschke. Für die Hemeranerin ist die Ersthilfe eine Selbstverständlichkeit. „Ich wünsche mir das natürlich auch für die Menschen in meinem Umfeld und für mich selbst. Dass geholfen wird, wenn es drauf ankommt. Wer also über die Qualifikation verfügt, dem kann ich nur ans Herz legen, sich in der Lebensretter-App zu registrieren“, sagt die ehrenamtliche Lebensretterin im Märkischen Kreis.
Klaus Neumann überlebt
Dezember 2024: Dank der schnellen Ersthilfe schlägt das Herz von Klaus Neumann wieder. Er überlebt. Mit dem Rettungstransportwagen kommt er in ein Krankenhaus und wird später in eine Geriatrie eingeliefert. Die verlässt er am Heiligen Abend. Weihnachten feiert Klaus Neumann wieder zu Hause. „Das ist ein ‚Happy End‘“, sagt Sylke Nitschke und ergänzt: „Wenn wir nicht so schnell dagewesen wären, wäre es womöglich nicht so gut ausgegangen.“ Elisabeth Neumann geht noch einen Schritt weiter: „Sylke Nitschke, die weiteren Ersthelfer und die Rettungsdienst-Mitarbeiter haben meinem Mann das Leben gerettet. Das Gefühl und die Dankbarkeit können wir kaum in Worte fassen. Der Einsatz dieser Ersthelfer ist unbezahlbar, eine Bereicherung für die Menschen und eine so große Hilfe. Die opfern ihre Freizeit und setzen sich für andere Menschen ein. Das ist wunderbar.“
Hintergrund
Das App-basierte System der Lebensretter im Märkischen Kreis ermöglicht der Kreisleitstelle des Märkischen Kreises, registrierte Ersthelfer in der unmittelbaren Nähe eines Notfalls über ihr Smartphone zu alarmieren. Dadurch können sie schnell vor Ort sein und gegebenenfalls lebensrettende Maßnahmen einleiten, schon bevor der Rettungsdienst eintrifft. Ziel ist es, genau dieses kurze sogenannte „behandlungsfreie Intervall“ zu schließen, bis der Rettungsdienst oder Notarzt eintrifft. Die App zeigt den alarmierten Ersthelfern den genauen Standort des Notfalls an und gibt ihnen Hinweise zum schnellstmöglichen Weg dorthin.
Mitmachen kann jeder, der mindestens 18 Jahre alt ist, eine Sanitätsausbildung für Rettungsdienst oder Feuerwehr hat, als medizinisch geschulter Helfer bei einer Hilfsorganisation wie beispielsweise DRK, Malteser Hilfsdienst, Johanniter, ASB, DLRG tätig ist, wer medizinisch geschult ist und in einer Klinik oder im Gesundheitsbereich arbeitet, zum Beispiel Pflegekräfte, Medizinstudierende oder Ärzte. Die Teilnahme ist selbstverständlich freiwillig. Viele weitere nützliche Informationen gibt es hier: https://t1p.de/zwjlb
Für den scheidenden Landrat Marco Voge war die Einführung des Ersthelfersystems und der App „Region der Lebensretter 3.0“ eine wichtige Ergänzung in der Gesundheits- und Notfallversorgung im Märkischen Kreis: „Alltagshelden der Feuerwehr, des Rettungsdienstes, der Hilfsorganisationen und des medizinischen Personals unterstützen so den Rettungsdienst. Sie bilden ein starkes Team, das Tag und Nacht zur Stelle ist. Gemeinsam haben wir ein effizientes Netz mit Helfern aufgebaut, um im Notfall zu unterstützen und Leben zu retten. Allen ehrenamtlichen Teilnehmern möchte ich von Herzen danken! Hoffentlich kommen noch viele weitere Lebensretter dazu. Die Geschichte von Familie Neumann zeigt: es lohnt sich!“